Die Autoren, Andreas Hartwig und Tobias Rinza, erläutern in ihrem 9-seitigen Vortrag auf dem BVL-Wirtschaftssymposium Grundlagen, Bausteine und Phasen einer Supply Chain Collaboration.
Der Grundlagenartikel liefert einen Überblick über internetbasierte Kooperationsmodelle und wendet sich vor allem an alle Verantwortlichen, die sich erstmalig mit SC Collaboration befassen.
(Autor des Abstracts: NetSkill/ Competence-Site)
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Dipl. Ing. Andreas Hartwig, Senior-Projektleiter
Dipl. Ing. Tobias Rinza, Mitglied der Geschäftsleitung
Miebach Logistik GmbH
Internet basierte Supply Chain Collaboration in
modernen Logistiknetzwerken
Vortrag für das BVL-Wissenschaftssymposium vom 26.-27. Juni
2002 in Magdeburg
1. Basisüberlegungen
Das Supply Chain Management (SCM) ist ein Ansatz, der aufgrund wachsenden
Wettbewerbs, steigender Komplexität und erhöhten Kundenanforderungen entstand
und Unternehmen bzw. Lieferketten ein Optimierungspotenzial im Bereich Kosten als
auch Service (Available to Promise / Lieferzeit u. -treue) erschließen sollte.
Ausgehend vom Kunden werden unternehmensübergreifende Logistik bzw.
Wertschöpfungsketten in einem Netzwerk optimiert1 2. Primärer Fokus liegt auf dem
Modell einer Kette mit „Endstation“ Kunde. Ansatz zur Optimierung soll idealtypisch
eine übergreifende simultane Planung der Lieferkette von der Rohstoffproduktion bis
hin zur Endkundenauslieferung sein. Es gibt sowohl theoretische als auch praktische
Gründe, die die Etablierung dieses Ansatzes erschwert bzw. verhindert haben:
Der Fokus auf Lieferketten, speziell auch unter Betonung der Konkurrenz zwischen
den Supply Chains, zieht eine unrealistische Systemgrenze für das SCM, da eine
gesamtheitliche Optimierung nur bei Betrachtung ganzer Unternehmensnetze möglich
ist. Die meisten Unternehmen in einer Supply Chain sind Knoten für diverse Lieferket-
ten mit häufig unterschiedlichen und zum Teil konkurrierenden Kunden(-gruppen), die
gleichzeitig auf Kapazitäten und Ressourcen zugreifen, so dass die Optimierung
einzelner Lieferketten selten funktioniert.
Die übergreifende simultane Planung erfordert eine zentralisierte bzw. dominie-
rende Planungsinstanz für alle Teilnehmer. Hierzu sind die meisten Unternehmen
intern schon kaum bereit.
Das Ergebnis einer zentralisierten Planung wird immer auch dazu führen, dass einige
Supply Chain Mitglieder schlechter gestellt werden zum Nutzen der gesamten Supply
Chain. Es entsteht bei unternehmensübergreifenden Ketten also der Bedarf einer
„Gewinnaufteilung“. Der Aufwand hierfür ist in der Regel zu hoch und das hierzu
notwendige Vertrauen zu gering.
Die Datenqualität bzw. der Aufwand um konstant hohe Datenqualität herzustellen ist
bei unternehmensübergreifenden Lieferketten schwer zu erreichen. Nach dem Prinzip
„Garbage In Garbage Out“ ist die übergreifende Planung schnell diskreditiert.
Der Aufwand zur Herstellung des SCM ist in jeder Hinsicht (IT, Organisation, Steue-
rung,..) groß, so dass eine Etablierung mit hohen „Sunk Cost“ und damit Ein- sowie
Austrittsbarrieren verbunden ist. Dies entspricht nicht unbedingt aktuellen Entwick-
lungen in Richtung eher kurzfristiger flexibler Verbindungen.
Insgesamt ist der SCM-Ansatz stecken geblieben und reale Beispiele beziehen sich
auf die interne Optimierung (Forecasting, Produktionsplanung,...) von Unternehmen,
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häufig ohne nennenswerte unternehmensübergreifende Optimierungen .
Der Ansatz muss generell in Richtung Supply Net Management erweitert werden, um
die theoretische bzw. generelle Suboptimalität durch Optimierung einzelner Lieferket-
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ten abzuwenden . Dies potenziert aber nur die genannten weiteren Probleme
(übergeordnete Planungsinstanz, Gewinnaufteilung, Datenqualität, Ein-
/Austrittsbarrieren). An dieser Stelle setzen zwei Ansätze an, die beide auf dezentrale
Planungsprozesse in Supply Nets zurückgreifen.
Der erste Ansatz baut auf einer agentenbasierten Kommunikation verteilter Pla-
nungsknoten auf: Software- „Agenten handeln effiziente Gesamtlösungen für den
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Verbund aus und setzen sie lokal um.“ D.h. die Planungsdaten und die Regeln der
Teilnehmer sind Agenten bekannt und diese können für die Supply Net Teilnehmer
optimierte Lösungen entwickeln. An der Umsetzung dieses vielversprechenden Ansat-
zes wird intensiv geforscht, aber eine breite Einführung ist kurzfristig unternehmens-
übergreifend nicht zu erwarten und die organisatorischen Auswirkungen sind noch
nicht klar absehbar10.
Der zweite Ansatz setzt auf die Unterstützung der im Planungsprozess beteiligten
Partner, denen durch verbesserte Sicht auf das Gesamtsystem, sowie teilweise
systemunterstützte vorgedachte Kollaborationsprozesse, die Möglichkeit zur gemein-
samen Optimierung gegeben werden soll: Supply Chain Collaboration∗.
2. Supply Chain Collaboration
Philosophie bzw. Grundprinzip der Supply Chain Collaboration ist es auf das
Eigeninteresse und die Eigeniniative der Mitglieder eines Supply Nets zu setzen
und diese gezielt durch geeignete Infrastruktur, Informationen und Prozesse zu
unterstützen. Entscheidungen erfolgen dezentral und freiwillig. Hierbei gibt es in der
Regel keine festen Partnerschaften, sondern z.B. das ganze Lieferantennetz eines
Automobilherstellers steht für Kollaborationen zur Verfügung. Die Zusammenarbeit
kann sowohl zu vertikal d.h. entlang einer Supply Chain (Kunde, Hersteller, Lieferant
1st tier,...) als auch horizontal (Lieferanten einer Region in diversen Supply Chains)
koordinierten Entscheidungen führen.
Hierdurch werden einige der genannten Probleme gelöst,
• indem der Fokus auf ganzen Netzen liegt,
• die dezentrale Planungsinstanz immer das eigene Gesamtunternehmen im Auge
hat und „nur“ noch weitergehenden Optimierungsspielraum erhält,
• indem eine übergeordnete Planungsinstanz durch eine übergeordnete Instanz zur
Bereitstellung der Möglichkeit zur Optimierung ersetzt wird,
• indem die Daten von denjenigen dezentral verwendet werden, die am besten
deren Qualität beurteilen und berücksichtigen können sowie
• indem quasiautomatisch eine großangelegte übergreifende Gewinnaufteilung ver-
mieden und
• die Eintritts- sowie Austrittsbarrieren durch die Bereitstellung der Infrastruktur
durch einen Dritten sehr gering gehalten werden.
Dies wird erkauft durch den Verzicht auf „Optimalität“ und das „begnügen“ mit
einer nur verbesserten Situation. D.h. unter vollständiger Kenntnis aller Informatio-
nen und unter Vernachlässigung organisatorischer Hindernisse könnte ein zentrales
oder dezentrales „Superhirn“ bessere Entscheidungen treffen. Da bisher zwar spärlich
aber immerhin einige Hinweise vorliegen wie hoch theoretisch (teilweise auch in der
Realität) die Einsparpotenz